Kleines "Lexikon" der Maßnahmen zur Korruptionsprävention

Nebentätigkeiten

Bei der Ausübung von Nebentätigkeiten kann es zu Interessenkollisionen mit der dienstlichen Tätigkeit kommen. Hieraus wiederum kann sich u.U. eine stärkere Anfälligkeit für Korruptionsmöglichkeiten ergeben. Unter diesem Aspekt sind Nebentätigkeiten als ein sog. Einfallstor für Verbindungen mit Korruptionshintergrund zu sehen.

Nebentätigkeiten sind grundsätzlich genehmigungs- oder anzeigepflichtig.

Folgende Maßgaben dienen der Korruptionsprävention:

  1. Genehmigung von Nebentätigkeiten nur nach kritischen Maßstäben unter Nutzung der gegebenen restriktiven rechtlichen Möglichkeiten;
  2. umfassende Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das Nebentätigkeitsrecht;
  3. kritische Beurteilung aller Nebentätigkeiten unter dem Aspekt der Verdachtsnähe zum Entstehen korrupter Strukturen mit dem Ziel, Nebentätigkeiten zu erkennen, die Interessenkollisionen bewirken können (dabei auch Überprüfung der Unbedenklichkeit von bereits erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen im Rahmen zunächst einer "besonderen" Aktion und dann jährlich wiederkehrend);
  4. grundsätzlich keine Genehmigung fachspezifischer Nebentätigkeiten für Beschäftigte in korruptionsanfälligen Bereichen, damit Interessenkollisionen mit der dienstlichen Tätigkeit vermieden werden (gfs. kann die Problematik durch Auflagen zur Beschränkung der Nebentätigkeit in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht gelöst werden);
  5. strenge Überwachung der Erfüllung der Meldepflichten;
  6. Prüfungen mit dem Ziel, ausgeübte nicht genehmigte Nebentätigkeiten zu ermitteln und einer dem Recht entsprechenden Bearbeitung zuzuführen.

Zu 2.:
Eine wichtige Voraussetzung für eine - nicht nur hinsichtlich der Korruptionsprävention - qualifizierte Handhabung des Nebentätigkeitsfeldes ist auch eine umfassende und dauerhafte Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das Nebentätigkeitsrecht.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können für eine allgemeine Information der Beschäftigten in Betracht kommen

- ein Merkblatt / Flyer / Leitfaden zur Erteilung von Nebentätigkeiten,
- interne Mitteilungs- und Verkündungsblätter,
- ein eingerichtetes Intranet,
- das Mailsystem / der Mailserver.

Für mit der Wahrnehmung der Nebentätigkeitsangelegenheiten beauftragte Beschäftigte geltende Leitlinien sollten ganz oder teilweise Inhalt dieser öffentlich zur Verfügung gestellten Informationen sein.

Zu 4.: Bei der Antragstellung der Beschäftigten auf Genehmigung einer Nebentätigkeit sollte zudem jeweils eine schriftliche Erklärung eingeholt werden, dass die angestrebte Tätigkeit nicht im direkten oder indirekten Zusammenhang mit dienstlichen Aufgaben steht.

Zu 6.: Überwachungs- und Kontrollaufgaben in Zusammenhang mit Nebentätigkeiten betreffen nicht nur die sachbearbeiterische Einzelfalltätigkeit hinsichtlich der Bearbeitung beantragter Genehmigungsanträge und der Folgetätigkeiten (z.B. Überwachung der Einhaltung jährlicher Erklärungspflichten und Umsetzung eventuell erforderlicher Konsequenzen), sondern gehen darüber hinaus. Sie umfassen auch die Bewältigung der Problematik, dass Beschäftigte, egal aus welchen Gründen, sich die Ausübung einer genehmigungspflichtigen Nebentätigkeit nicht zuvor genehmigen lassen bzw. eine anzeigepflichtige Nebentätigkeit nicht anzeigen.

Folgende Möglichkeiten zum Ermitteln nicht angezeigter oder nicht genehmigter Nebentätigkeiten (Dunkelziffer) werden gesehen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  1. Einholen von Selbsterklärungen,
  2. Internet-Recherche (namentliche Suche, Hinweise auf Werbung usw.),
  3. Sichtung von Verlagsprogrammen (Buchveröffentlichungen),
  4. Sichtung der Programme von (Fort-) Bildungseinrichtungen (Lehrtätigkeiten, Seminare usw.),
  5. Auskünfte aus dem Gewerberegister,
  6. Nutzung der Erkenntnisse aus der Bekämpfung der Schwarzarbeit durch andere Organisationseinheiten,
  7. Prüfungen als Konsequenz, dass weitere Lohnsteuerkarten ausgestellt werden mussten,
  8. verstärkte Wahrnehmung der Überwachungs- und Kontrollpflicht durch Vorgesetzte.
Zu a.: In regelmäßigen Abständen können alle Beschäftigten zur Abgabe einer Erklärung zu zur Zeit ausgeübten und seit der Abgabe einer vergangenen Erklärung ausgeübten, aber wieder aufgegebenen, Nebentätigkeiten gebeten werden. Auch größere zeitliche Abstände zwischen generellen Erklärungsterminen (z.B. fünf Jahre) würden der Wirksamkeit der Maßnahme nicht entgegen stehen.

Zu b.: Auf diesem Wege können insbesondere selbstständige Tätigkeiten, die wirtschaftliche Verwertung von Ergebnissen schriftstellerischer Tätigkeiten, Lehr-, Seminarleitungs- und Vortragstätigkeiten ermittelt werden.

Zu c. und d.: Zur Auswertung geeignet sind neben im Internet verfügbaren Veröffentlichungen auch gedruckte Programme.

Zu e. und f.: Im Falle einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit sollte sich die Frage nach einer Eintragung im Gewerberegister immer bereits im Genehmigungsverfahren stellen, sofern sich die Möglichkeit einer selbstständigen Gewerbeausübung ergibt. So wird zudem sichergestellt, dass keine Genehmigung für "Schwarzarbeit" ausgesprochen wird.

Zu g.: Da eine ausgestellte zweite Steuerkarte ein Indiz für die Ausübung einer Nebentätigkeit sein kann (natürlich keineswegs sein muss), kann eine auf diesem Aspekt basierende Prüfung Erfolg versprechend sein.
Allerdings wird eine derartige Prüfung nur in den wenigsten Fällen umfassend in Betracht kommen. Soweit jedoch eine Eingrenzung auf bestimmte Mitarbeiterkreise und auf besonders gefährdete Aufgabenbereiche erfolgt, ist die beschriebene Maßnahme durchaus geeignet.
Als besonders gefährdete Bereiche können vor allem auch solche Aufgabenbereiche angesehen werden, für die nach allgemeinem Verständnis eine erhöhte Korruptionsgefahr gesehen wird (z.B. Vergabebereiche), bzw. für die es eine größere Gefahr von Interessenkollisionen geben kann (z.B. Architekten- und Bauingenieurbereiche).

Zu h.: Eine verstärkte Wahrnehmung der Überwachungs- und Kontrollpflicht durch Vorgesetzte ist grundsätzlich geeignet, bisher nicht bekannt gewordene, nicht angezeigte und nicht genehmigte Nebentätigkeiten zu erkennen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen Führungsaufgaben obliegen, sollten speziell auf diese Aufgabenstellung hingewiesen werden.


Der Bereich der Nebentätigkeiten zählt zu jenen Aspekten, die auch im Rahmen der Korruptionsprävention unbedingt turnusmäßig und in nicht zu langen Fristen überprüft werden sollte.
In einem qualifizierten System zur Korruptionsprävention sollte die Problematik der Nebentätigkeiten als untersuchungs- und berichtspflichtiges Element im Rahmen des Berichtswesens zur Antikorruption nicht fehlen.