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Cyrus Lakdawala
The Nimzo-Larsen attack - move by move
416 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-78194-112-6
24,95 Euro
The Nimzo-Larsen attack - move by move
"The Nimzo-Larsen attack" ist der Titel eines neuen Bandes aus der Reihe "move by move" von Everyman Chess. Er widmet sich der Eröffnung mit 1.b3, im deutschen Sprachraum vor allem als "Larsen-Eröffnung" in Anlehnung an den dänischen Großmeister Bent Larsen bekannt, der sie selbst gespielt und die Theorie um viele Erkenntnisse bereichert hat. Autor des Werkes ist einmal mehr Cyrus Lakdawala, US-amerikanischer Internationaler Meister und inzwischen offenkundig spezialisiert auf das Schreiben von Büchern aus der move by move-Reihe.
"The Nimzo-Larsen attack" ist in 10 Kapitel gegliedert. Gewöhnlich gebe ich in meinen Rezensionen einen detaillierten Überblick über die in einem Werk angebotenen Inhalte, indem ich die Kapitelüberschriften aufführe oder - bei Eröffnungsbüchern - die jeweiligen Initialzugfolgen nenne. Beides macht beim vorliegenden Werk nicht viel Sinn, weil
a. die Kapitelüberschriften oft nicht aussagekräftig sind, insbesondere für einen Leser aus dem deutschen Sprachraum, und
b. fast schon ein Variantenverzeichnis entstehen müsste, um eine ausreichende und ausreichend detaillierte Differenzierung zu erreichen und dies bei einer aussagekräftigen Zuordnung aller Zugfolgen hinsichtlich der Kapitel.
Ich muss es deshalb bei einer allgemeinen Beschreibung bewenden lassen, und diese versuche ich wie folgt: Das Werk befasst sich mit allem, was mit 1.b3 beginnt bzw. unter Zugumstellung zu einer Linie des Systems b3 führt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf 1.b3 e5. Soweit es um Linien ohne ?e5 geht, verwendet Lakdawala auch den Weg über die Zugumstellung 1.Sf3, worauf Schwarz nicht 1?e5 spielen kann. Einige weiße Spielweisen tragen den Charakter farbvertauschter Systeme (u.a. Sizilianisch, Nimzo-Indisch, Trompowsky).
Der theoretische Stoff wird anhand von 60 kommentierten Partien behandelt. Dem Prinzip der Buchreihe entsprechend zeichnet sich die Kommentierung durch die Besonderheit aus, dass durchgehend Fragen und Übungen an den Leser gerichtet werden. Indem er diese beantwortet bzw. ausführt, soll er quasi interaktiv lernen. Über die immer gleich im Anschluss abgebildete Antwort des Autors kann er feststellen, inwieweit er richtig lag bzw. in der Übung zum korrekten Ergebnis gekommen ist.
Den Schwierigkeitsgrad der an den Leser gerichteten Elemente stufe ich als recht niedrig ein. Deshalb ist "The Nimzo-Larsen attack" in meinen Augen besonders auch ein Buch für den Anfänger bzw. den noch nicht allzu weit in der Spielstärke entwickelten Schachfreund. Dies mag auch am Beispiel gleich der ersten Frage zu ersehen sein, in der auf den Zug 1.Sf3 dem Leser der Zweifel in den Mund gelegt wird, ob denn die Bucheröffnung nicht mit 1.b3 beginne.
Etwas im Widerspruch zu meiner Einschätzung scheint zu stehen, dass die Larsen-Eröffnung eher keine Anfänger-Eröffnung ist. Den Ausweg kann eine Unterteilung der Inhalte in die herkömmliche Kommentierung einerseits und die aktiven Elemente andererseits zeigen. Wenn man die Fragen und Antworten außen vor lässt, dürfte das Buch auch bis ins Niveau des Klubspielers interessant sein.
Ein paar Dinge, die mir besonders gut gefallen:
1. Lakdawala erklärt sehr gut und leitet den Leser dadurch an, die Inhalte zu verinnerlichen, sie von Grund auf zu verstehen.
2. Er geht über die Besonderheiten der behandelten Eröffnung hinaus und schult den Leser auch generell in Strategie und Taktik. Er erreicht dies beispielsweise über die Darstellung von Plänen und die analytische Beurteilung von Stellungen.
3. Er streut immer wieder Prinzipien ein, die in einer Partiesituation von Belang sind und dem Leser wie Merksätze helfen können.
Es gibt nichts, was mir schlecht gefällt, von einem verunglückten Werbeversuch Lakdawalas für sein Buch zum Colle-System aus der move by move-Reihe auf Seite 389 vielleicht abgesehen. Für den deutschsprachigen Leser dieses englischsprachigen Werkes muss ich aber anmerken, dass ich die Anforderungen an die Fremdsprachkenntnisse in nicht wenigen Passagen als vergleichsweise hoch ansehe. Der verwendete Wortschatz ist teilweise so weit, dass ich in den Passagen, in denen ich mich tief eingelesen habe, oft ein Wörterbuch benötigte. Ohne dieses Hilfsmittel war es mir einige Mals nicht möglich, den Inhalt so weit zu verstehen, dass ich zufrieden war und mich auch sicher fühlte, alles korrekt erfasst zu haben.
Die schon erwähnten Partien sind überwiegend jüngeren Datums, aber auch ein paar ältere Schätzchen sind dabei. Sie stammen aus allem, was die Turnierszene zu bieten hat, vom Normalschach über Rapid-Turniere, Blindturniere bis zum Fernschach. Einige Partien hat der Autor selbst gespielt.
Gut gefällt mir das Variantenverzeichnis am Ende des Werkes. Es zeigt auch schön die Übergänge und Zugumstellungen auf, die den Leser sonst vor Probleme stellen können.
Fazit: "The Nimzo-Larsen attack" ist ein gelungenes Werk. Um ohne große Probleme mit ihm arbeiten zu können, sollte der Leser über gesicherte Fremdsprachkenntnisse verfügen. Ausgehend von den Anforderungen des Buches an den Leser insgesamt verorte ich den Adressatenkreis leistungsmäßig beim (fortgeschrittenen) Anfänger. Lässt man die interaktiven Elemente aus der Betrachtung, die allerdings gerade den Unterschied der move by move-Reihe zu anderen Serien ausmachen sollen, ist das Buch ganz sicher auch ein Gewinn für den guten Klubspieler.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)
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